Freitag, 29. Dezember 2017

Nimm damit du geben kannst...


Ich habe kürzlich an einer sehr interessanten Diskussion im privaten Kreis teilgenommen in der es letztlich im weitesten Sinne um das Thema ging:

Wer organisiert das Gemeinwohl bzw. die allg. Wohlfahrt effektiver: Ein starker fürsorglicher Sozialstaat mit seinen Beamten oder ein individuelles, freiheitliches und lokal verwurzeltes leistungsstarkes Bürgertum? 

Im Rahmen dieser Diskussion habe ich mich zu eine Faktenaussage hinreisen lassen die da behauptete dass die Staatsquote in Deutschland in Richtung 70% tendiere - wenn man sie denn reell rechnet. "Also die Quote, die der Staat dem Bürger nimmt, um seine originären Aufgaben aber auch die Wohlfahrt des Bürgers zu organisieren."  Nun dieser Aussage wurde vehement widersprochen. Die 70 % wurden massivst in Frage gestellt. Ich hatte eigentlich ein gutes Gewissen weil ich schon des öfteren diese Zahl gelesen hatte...

Aber um ein reines Gewissen nicht nur zu haben sondern auch zu behalten habe ich im Anschluss an die Diskussion versucht meine eigene Aussage zu verifizieren. Dabei suchte ich mit Tante Google nach Informationen im Netz, welche mir eine solche reelle Rechnung präsentierten. Zunächst muss man feststellen, dass die Staatsquote, so wie ich sie oben  und im Gespräch definiert habe, in der Literatur nicht definiert ist. Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert die Staatsquote so: "Verhältnis der gesamten Staatsausgaben zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Die Staatsquote fällt unterschiedlich aus, je nachdem, ob die Staatsausgaben in der Abgrenzung der Finanzstatistik oder der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) nachgewiesen werden." Die OECD und andere Organisationen weisen für Deutschland eine derart definierte Staatsquote von knapp über 50% aus.

Da dies aber nicht das Thema der Diskussion war, sondern meine oben zitierte Definition der Staatsquote, suchte ich nach Quellen welche mir eine Rechnung nach dieser Definition präsentierten. Ich fand keine! Ich weiss aber genau, dass ich in der freiheitlichen Presse und Blogszene schon des öfteren über dieses Thema gelesen habe. Ob Tante Google Demenz hat? Oder auf einem Auge blind geworden ist? Sollen wir uns da Sorgen machen? Ich habe sicherlich noch keine Demenz! So griff ich auf ein altbewährtes Mittel zurück und leistete mir den Luxus selbst zu denken und zu recherchieren. (Das meine ich jetzt nicht einmal sarkastisch, denn das benötigt vor allem eines: Zeit, und das ist Luxus!)

Natürlich differiert die Staatsquote nach meiner Definition für unterschiedliche Fallbeispiele. Ist jemand Verheiratet oder Single. Vieles wie Einkommenshöhe, Eigentumswerte, ob man Hausbesitzer oder Autobesitzer oder was auch immer ist, haben einen Einfluss auf die Quote. Ich bin sicherlich nicht in der Lage dies statistisch repräsentativ vorzurechnen. Also begnüge ich mich damit, es an einem mir nahen Beispiel durchzurechnen. 

Ich, verheiratet, Kinder schon aus dem Haus, mit über 50 best ager, ohne Erbe, Hausbesitzer noch nicht abbezahlt deshalb ohne Kapitaleinkünfte, gutes bis gehobenes Mittelschichteinkommen. Gesund. Ein Normalo. Ich rechne mich zu den Leistungsstarken, welche im obigen Sinne den Widerpart zum Sozialstaat einnehmen könnten. Wenn es also für mich zutrifft, dann war meine Aussage mit den annähernd 70% Staatsquote also wohl definitiv richtig, zumindest nicht aus der Welt... Fangen wir also an zu rechnen:


Aus Datenschutzgründen ist nicht mein Gehalt genannt, sondern ein für meine Branche (Informationstechnologie) und mein Alter wohl durchaus repräsentatives Einkommen von 6200 Euro brutto monatlich.  Hier zähle ich die Arbeitgeberanteile der Sozialversicherung zum Einkommen des Bürgers hinzu. Die Sozialpartnerschaft war schon irgendwie immer psychologische Augenwischerei. Defakto kann man die Arbeitgeberanteile auch als zusätzliches steuerfreies Gehalt ausweisen, das dann zwanghaft wie der Arbeitnehmeranteil wieder abgeführt wird... 

So starten wir unsere Rechnung mit einem Zuschussbereinigten Monatseinkommen von 6573 Euro. Welches zunächst zu 100 % dem Bürger gehört...


und landen bei einer Staatsquote von 52,9 %. Wäre ich in der gleichen Situation aber Single läge die Staatsquote schon bei rund 60% zu beachten ist auch der Tatbestand, dass meine Frau nicht berufstätig ist... Als Nichtraucher trage ich natürlich nicht zu meiner eigenen These bei :-) Auf Vollständigkeit habe ich auch verzichtet, so sind z.B. Einzeltatbestände wie Grunderwerbssteuer, Schenkungssteuer usw. nicht miteingerechnet. Diese würden die Bilanz zusätzlich nach oben treiben. 

Zwei Punkte gibt es, die möglicherweise verwundern werden. Zum einen der Punkt "GEZ Zwangsfinanzierung". Hier handelt es sich natürlich - aufgrund des Zwangs - um eine verdeckte Steuer, denn ich habe mit den Rundfunkanstalten keinen Vertrag nach dem BGB. Mit diesem Rundfunk meint der Staat meinen Informationbedarf über so genannten Qualitätsjournalismus zwangsbeglücken zu müssen. Dass sich der here Anspruch längst in heiße Luft - ja in noch Schlimmeres - aufgelöst hat, will ich hier nicht weiter ausführen... 

Der zweite möglicherweise für Verwunderung sorgende Punkt ist "TÜV". Er macht den sprichwörtlichen Kohl nicht fett. Ich habe ihn aber aufgeführt um eines exemplarisch aus dem regulierten Alltagsleben zu verdeutlichen: Hier sorgt der Staat wiedereinmal für uns. Er lässt uns NICHT die verantwortungsvolle Entscheidung über die Sinnhaftigkeit SELBER fällen. Warum wäre das möglicherweise sinnvoll? Beispiel: Mein Oldtimer Traktor hat vielleicht 4 Betriebsstunden im Jahr, fährt mit max. 14 km/h zu Oldtimertreffen in  maximal den Nachbarorten. Wer kann mir erklären warum hier ein 2 jähriger TÜV sinnhaftig ist? Das sind sicherlich kleine Tatbestände aber es gäbe noch einige: Zwangsschornsteinfeger, "Gebühr" für den verpflichteten Personalausweis usw... 

Hin wie her, auch nahezu ohne diese Tatbestände zu berücksichtigen sind wir deutlich über 50% angekommen. Wir sind aber noch nicht bei 70%! Die noch fehlenden Prozentpunkte kann ich nicht rechnerisch nachweisen, aber ich kann durchaus erklären wo sie zu suchen und zu finden sind! 

Zunächst will ich etwas in die Betriebswirtschaft einführen und den Begriff des Rohertrages erklären, Wikipedia schreibt dazu: "Der Rohertrag, Rohgewinn, Bruttoertrag oder Bruttomarge ist eine betriebswirtschaftliche Kennzahl, die die Differenz zwischen Umsatzerlösen und Waren- bzw. Materialeinsatz darstellt." Aus diesem Rohertrag muss die Unternehmung alle Kosten bezahlen wozu auch Steuern, Abgaben und Lohnkosten gehören.

Wenn also beispielsweise ein Kaffeeproduzent oder Händler eine Kaffeesteuer zahlen muss - was er tatsächlich auch muss - dann wird er diesen Kostenfaktor in seiner Preisgestaltung berücksichtigen müssen. Er reicht sozusagen in einem Dreiecksverhältnis die Steuern an den Endverbraucher (hier der fiktive Bürger) weiter. Aus diesem Grund sind diese Steuern auch immer wieder in der Kritik. 

Das gilt für nahezu alle Unternehmenssteuern die über dieses Dreiecksverhältnis indirekt vom Bürger genommen werden. Es gibt da z.B. Biersteuer, Brandweinsteuer, Feuerschutzsteuer, Getränkesteuer, Kaffeesteuer, Kinosteuer, Vergnügenssteuer, Rennwettsteuer, Salzsteuer, Schankerlaubnissteuer, Schaumweinsteuer, Speiseeissteuer, Teesteuer...

Auch die bilanztechnisch nicht zu den Kosten zu zählende Gewerbe- und Körperschaftssteuer verteuern aber nicht destoweniger die Produkte entsprechend. Für Unternehmungen die im internationalsen Wettbewerb stehen sind diese Steuern möglicherweise nicht im erhöhten Produktpreis durchsetzbar, dann werden Sie vermutlich über entsprechenden Lohndruck erwirtschaftet werden müssen, was letztlich auch zur Belastung des Arbeitnehmers führt.

Ein einziges Beispiel solcher indirekten Steuern habe ich oben - wohl unbemerkt durch den Leser - bereits berücksichtigt. Der Punkt "Strom(Steuer und Abgaben)" setzt sich nämlich ohne die 19% Umsatzsteuer aber mit Stromsteuer, EEG-Umlage, Konzessionsabgabe, KWK-Umlage, StromNEV-Umlage, Offshore Haftungsumlage und Umlage für abschaltbare Lasten zusammen. Die Umsatzsteuer wird natürlich trotzdem zusätzlich fällig ist aber weiter unten bei MwSt bz. Umsatzsteuer ausgewiesen. Hier war es mir möglich die verdeckten Staatsabgaben zu benennen welche ich letztlich bezahlen muss. Warum? Auch nur weil mein Energieversorger die ENBW diese in der Jahresrechnung explizit als Steuern und Staatsabgaben ausweist! Vorbildlich.

Dennoch. Hier kann ich jetzt den genauen rechnerischen Nachweis ober der vohandenen Komplexität und Individualität eben nicht führen, Aber der Tatbestand der indirekten Besteuerung wird die reale bürgerliche Steuerlast definitiv weit weg von den obigen rechnerisch ermittelten in Richtung der postulierten 70% (oder mehr?) treiben...

Was in diesem Zusammenhang auch zu diskutieren wäre ist die Aussage Ludwig Erhards: "Auch eine nur leicht inflationäre Entwicklung ist so etwas wie eine entschädigungslose Enteignung zugunsten der Öffentlichen Hand."


Aber dieses Fass will ich jetzt nicht auch noch aufmachen. Stattdessen will ich zu guter Letzt noch einige bekannte Persönlichkeiten zum Thema zu Wort kommen lassen:


Die Tendenz des Staates, mehr Geld zu fordern,
geht Hand in Hand mit einer ihm gleichfalls eigenen Tendenz, es zu verschwenden.
Cyril Northcote Parkinson, Ökonom


Alles, was die Sozialisten vom Geld verstehen, ist die Tatsache,
daß sie es von anderen haben wollen.
Konrad Adenauer (1876–1967)


Probleme lassen sich am besten mit anderer Leute Geld lösen.
Jean Paul Getty, Milliardär (1892–1976)


Es ist nicht so, dass der Staat so viel Geld einnimmt, wie er braucht.
Vielmehr gibt er alles Geld aus, das er kriegen kann.
Ronald Reagan, US-Präsident (1911–2004)



Ein Land, das versucht, durch Steuern reich zu werden, ist wie ein Mann, 
der in einem Eimer steht und versucht, sich selbst am Henkel nach oben zu ziehen.
Sir Winston Churchill, engl. Politiker, Nobelpreisträger (1874–1965)


Ein König richtet das Land auf durch Recht; wer aber viel Steuern erhebt, richtet es zugrunde.
Sprüche Salomo 29,4


Der Politiker läßt sich geradezu definieren als ein Mensch, der politische
Sachzwänge mit anderer Leute Geld zu lösen versucht.
Lothar Schmidt, Politologe (*1922) 


Wenn der Staat Pleite macht, geht natürlich nicht der Staat pleite,
sondern seine Bürger.
Carl Fürstenberg, (18501933), deutscher Bankier

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